Nostra est enim, si modo nos oratores, si in civium disceptationibus, si in periculis, si in deliberationibus publicis adhibendi auctores et principes sumus, nostra est, inquam, omnis ista prudentiae doctrinaeque possessio, in quam homines quasi caducam atque vacuam abundantes otio, nobis occupatis, involaverunt atque etiam aut inridentes oratorem, ut ille in gorgia socrates, cavillantur aut aliquid de oratoris arte paucis praecipiunt libellis eosque rhetoricos inscribunt, quasi non illa sint propria rhetorum, quae ab eisdem de iustitia, de officio, de civitatibus instituendis et regendis, de omni vivendi denique etiam de naturae ratione dicuntur.
von karlo.o am 22.03.2017
Dieses ganze Feld der praktischen Weisheit und Gelehrsamkeit gehört uns Rednern, insbesondere da wir als Experten und Anführer in bürgerlichen Streitigkeiten, gefährlichen Situationen und öffentlichen Debatten gerufen werden. Während wir mit diesen Pflichten beschäftigt waren, haben Menschen mit zu viel Muße dieses Feld gleichsam wie herrenloses Gut besetzt. Sie machen sich entweder über öffentliche Redner lustig, wie Sokrates es in seinem Dialog über Gorgias tat, oder verfassen kurze Handbücher über das öffentliche Reden und bezeichnen sie als Rhetorik-Texte. Sie verhalten sich, als ob Themen wie Gerechtigkeit, Pflicht, Gründung und Führung von Regierungen, Lebensstilentscheidungen und sogar die Gesetze der Natur - über die sie selbst sprechen - nicht eigentlich die angemessenen Gegenstände für Rhetoriklehrende seien.
von isabel9921 am 16.05.2021
Denn es ist unser – wenn wir wirklich Redner sind, wenn wir in Bürgerdiskussionen, in Gefahren, in öffentlichen Beratungen als Autoritäten und Anführer eingesetzt werden sollen – unser ist, sage ich, dieser gesamte Besitz von Weisheit und Gelehrsamkeit, in den Menschen, als wäre er herrenlos und leer, mit reichlich Muße, während wir beschäftigt sind, eingedrungen sind und ihn sogar entweder verspottend den Redner, wie jener Sokrates im Gorgias, verhöhnen oder etwas über die Kunst des Redners in kleinen Büchern lehren und diese als rhetorisch bezeichnen, als ob nicht gerade jene Dinge, die von denselben Männern über Gerechtigkeit, über Pflicht, über zu errichtende und zu regierende Staaten, über alle Lebensarten und schließlich sogar über das System der Natur gesprochen werden, das eigentliche Gebiet der Rhetoriker wären.