Orator autem omnia haec, quae putantur in communi vitae consuetudine mala ac molesta et fugienda, multo maiora et acerbiora verbis facit; itemque ea, quae vulgo expetenda atque optabilia videntur, dicendo amplificat atque ornat; neque vult ita sapiens inter stultos videri, ut ei, qui audiant, aut illum ineptum et graeculum putent, aut, etiam si valde probent ingenium, oratoris sapientiam admirentur, se esse stultos moleste ferant; sed ita peragrat per animos, ita sensus hominum mentisque pertractat, ut non desideret philosophorum descriptiones neque exquirat oratione, summum illud bonum in animone sit an in corpore, virtute an voluptate definiatur, an haec inter se iungi copularique possint; an vero, ut quibusdam visum, nihil certum sciri, nihil plane cognosci et percipi possit; quarum rerum fateor magnam multiplicemque esse disciplinam et multas copiosas variasque rationes.
von jana.b am 17.01.2017
Der Redner macht sodann all jene Dinge, die im gewöhnlichen Lebensalltag als schlecht, beschwerlich und zu vermeidend gelten, durch Worte noch größer und bitterer; ebenso vergrößert und schmückt er durch seine Rede jene Dinge, die gemeinhin als erstrebenswert und wählenswert erscheinen. Er möchte nicht so weise unter Toren erscheinen, dass diejenigen, die ihm zuhören, ihn entweder als unbeholfen und blassen Nachahmer betrachten, oder – selbst wenn sie sein Talent serh schätzen – die Weisheit des Redners bewundern, aber verärgert sind, dass sie selbst Toren sind. Vielmehr durchdringt er so die Geister, behandelt so die Sinne und Gedanken der Menschen, dass er weder die Definitionen der Philosophen benötigt noch in seiner Rede untersucht, ob das höchste Gut in der Seele oder im Körper wohnt, ob es durch Tugend oder Lust definiert wird, ob diese miteinander verbunden und gekoppelt werden können; oder ob, wie es einigen erschienen ist, nichts Gewisses gewusst, nichts klar erkannt und wahrgenommen werden kann. Von diesen Angelegenheiten gestehe ich, dass es eine große und vielfältige Lehre und viele reichhaltige und verschiedenartige Theorien gibt.
von florian.e am 08.08.2020
Ein geschickter Redner vermag all jene Dinge, die Menschen im gewöhnlichen Leben gemeinhin als schlecht, lästig und meidenswert betrachten, durch seine Worte noch größer und schmerzhafter erscheinen zu lassen; ebenso kann er mittels seiner Rede Dinge, die allgemein als erstrebenswert und attraktiv gelten, vergrößern und verschönern. Dabei strebt er nicht danach, unter gewöhnlichen Menschen so gelehrt zu wirken, dass die Zuhörer ihn entweder als unbeholfen und prätentiös wissenschaftlich ablehnen oder, selbst bei Bewunderung seines Talents, frustriert über ihre vermeintliche Unwissenheit sind, während sie seine Weisheit bestaunen. Vielmehr durchdringt er so wirkungsvoll die Gedanken und Gefühle der Menschen, dass er nicht auf philosophische Definitionen angewiesen ist oder Fragen erkundet wie jene, ob das höchste Gut im Geist oder im Körper liegt, ob es auf Tugend oder Lust basiert, ob diese miteinander verbunden werden können oder ob, wie einige glauben, nichts mit Sicherheit gewusst oder klar verstanden werden kann. Ich gestehe, dass dies komplexe Themen mit vielfältigen Theorien und verschiedenen Ansätzen sind.